Willst wohl einmal hinübersehn?

(2005)

for ensemble

to Barbara and Leonhard Scheuch (for her especially the bars 155-164 and 231-245)

commissioned by Kulturjahr der Zehn

first performance

Sinfonietta Leipzig

conducted by Johannes Harneit

27/5/2005 » Kammermusiksaal, Berlin

durata » 6′

Bärenreiter BA 7773

1(picc, alt).1.1(bass).1 – 1.0.0.0 – perc – 1.1.1.1

Willst wohl einmal hinübersehn? schrieb ich mit dreissig, in demselben Alter wie Schubert seine Winterreise. Das aber ist vielleicht (und hoffentlich) alles an Gemeinsamkeit. Schuberts Die Post ist das letzte Stück der Winterreise, worin die Musik den unbetrübten Schwung der Jugend zum Ausdruck bringt. Die nächsten elf Lieder weichen dem Schatten einer unüberbrückbaren Traurigkeit und Ergebenheit nicht mehr aus. In der Post fragt Schubert das letzte Mal: Soll ich noch zu meiner Liebe, also zu meinem Leben zurückkehren? Das Lied selbst lässt diese Frage unbeantwortet, aber der Rest der Winterreise spricht klar: Nein, es gibt keine Kraft mehr, der Tod wartet. Willst wohl einmal hinübersehn? soll auf der Stelle dieses dramaturgischen Fragezeichens die Alternative bieten: Es lohnt sich doch immer, zur Liebe und zum Leben zurückzukehren, doch noch einmal zu kämpfen und zu trotzen versuchen, mag es kosten, was es will, mag es enden, wie es will. Deshalb greift das Stück nicht nur zur Post, sondern bis zum Anfang, zu dem ganzen ersten „jüngeren“ Teil der Winterreise zurück, weist aber auch nach vorne, zur Krähe als einer frostigen Vision des einsamen Endes. Bleiben beide Wege offen?